C.V. Inge Joseph

 Stand: 20.10.2024

Links beim Datum verweisen auf Seiten von https://ingejoseph.blogspot.com/

19.9.1925

Geburt in Darmstadt; Eltern Julius und Clara Joseph; getauft auf den Namen Inge Hanna

Ostern 1932 - Ostern 1936

Goethe Grundschule Darmstadt, (vierjähriger Aufenthalt laut Inges AngabenAnlage 23; siehe auch Anlage 65)

Ostern 1936 - Dezember 1938

Eintrittsdatum umstritten; s.o.

Jüdische Bezirksschule in Darmstadt (Anlage 17; Anlage 65)

4. November 1936

Verhaftung des Vaters und später Anklage wegen Betrug und Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz

Januar 1937

Das Haus Alicenstr. 12 muss verkauft werden, Umzug in eine Mietwohnung in der heutigen Wilhelm-Leuschner-Str. 40

23.10. 1937

Der Vater  wird vom Landgericht Darmstadt einer Strafe von 2 Jahren und 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Außerdem: 5 Jahre Berufsverbot; 3 Jahre Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte; Anrechnung von (nur!) 6 Monaten Untersuchungshaft (bei über 12 verbrachten Monaten!)

14. Juli 1938

Inges Schwester Lilo verlässt Deutschland und emigriert in die USA. Die Eltern und Inge bleiben in Darmstadt

9./10. November 1938

Pogromnacht auch in Darmstadt

11.Januar 1939

Flucht von Inge mit einem der sog. “Kindertransporte” von Köln nach Belgien. Ankunft in Brüssel bei  ihrem Onkel Gustav Würzweiler und dessen Ehefrau Marie-Luise.

Anfang Februar 1939

Übergabe an die Familie Feuerstein in Brüssel

Januar 1939  - Januar 1940

Ecole Fernand Cou u. Ecole Marius Renard, Brüssel (Anlage 66) 

Juni 1939

Aufnahme in das Kinderheim Général Bernheim. in einem Vorort von Brüssel.

Juli 1939

Der Vater wird aus dem Gefängnis entlassen und ausgewiesen. Er besucht auf seinem Weg nach England Inge in Brüssel.

Inge versucht im Heim einen Suizid, wird aber von Ruth Schütz daran gehindert.

Ihre Mutter lebt mittlerweile im Haus ihrer Eltern und Geschwister: Darmstadt, Ludwigsplatz 9

Januar 1940 - Mai 1940

Handelsschule Ecole Fink Brüssel

14. Mai 1940

Flucht der Heimbewohner aus Brüssel, nachdem die Deutschen in Belgien eingefallen sind

18. Mai 1940

Ankunft in Südfrankreich in dem Ort Seyre in der Nähe von Toulouse;  Unterbringung in einem alten Landwirtschaftsgebäude ohne jegliche Einrichtung, ohne ausreichende Verpflegung und geschlagen mit Krankheiten aller Art auf Grund der katastrophalen hygienischen Verhältnisse.

1941

Das Schweizer Rote Kreuz übernimmt das Kinderlager unter der Leitung der Schweizerin Rösli Naef

Juni 1941

Umzug ins Château de la Hille in Montégut-Plantaurel bei Toulouse.Die Verhältnisse, was Essen, Unterkunft, Hygiene angeht, verbessern sich grundlegend. Es gibt jetzt auch eine Art Schulunterricht.

Juli 1941

Inge lernt in La Hille Walter Strauss kennen; sie verlieben sich.

24. März 1942

Inges Mutter und ihre Tante Ida Neu werden mit einem der ersten großen Transporte Darmstädter Juden ins Ghetto Piaski in Polen deportiert; ihre Spur verliert sich dort Ende des Jahres. 

16. Juli 1942: 

Erste große Razzien in der Besatzungszone und in Paris; Alle paar Wochen kommt ein französischer Polizeioffizier ins Schloss , um zu prüfen, ob Jugendliche das Alter von 18 erreicht haben und abgeschoben werden müssen.

26. August 1942

In den frühen Morgenstunden eine Razzia im Schloss. Alle Kinder über 16 Jahren werden ins Lager Le Vernet abtransportiert, auch Inge.

2. September 1942

Die Leiterin des Kinderheims, Rösli Näf, hat sich einige Tage vorher ins Lager Le Vernet begeben und interveniert. Alle Kinder werden wieder entlassen und kommen zurück aufs Schloss.

11.November 1942

Einmarsch der deutschen Armee in Südfrankreich

Dezember 1942

Letzter Brief der Mutter aus dem Konzentrationslager Piaski in Polen, überbracht durch das Rote Kreuz. Danach ist über das Schicksal der Mutter nichts mehr bekannt.

Ende Dezember 1942

Alle drei Tage macht sich eine Gruppe von vier bis fünf Jugendlichen im Morgengrauen auf den Weg. Mit dem Zug geht es von Toulouse über Lyon nach Annemasse, wo mit Hilfe eingeweihter französischer Widerstandskämpfer und einer Angehörigen des Schweizerischen Roten Kreuzes (Renée Farny) die nahe Grenze zur Schweiz illegal überquert werden soll.

In der dritten Gruppe sind Inge und Walter.

31.12.1942

Am frühen Morgen um 3:30 Uhr macht sich die Gruppe, bestehend aus fünf Jugendlichen auf den Weg.


1.1.1943 - 2.1.1943

In der Silvesternacht versuchen die Jugendlichen die Grenze zur Schweiz zu überwinden, verirren sich und werden von deutsch-französischen Grenzwächtern gefasst. 

Inge gelingt auf abenteuerlichem Weg die Flucht und kehrt nach Annemasse zurück.

2.1 - 5.1. 1943

Inge macht mehrere Versuche doch noch die Grenze zur Schweiz zu überwinden, scheitert aber. Sie wird schließlich von französischen Grenzkontrolleuren gefasst und von einem Richter zurück nach La Hille geschickt.

Mitte Januar 1943

In La Hille erfährt Inge Wochen später, dass alle anderen Fluchtgefährten von Gurs aus in den Osten geschickt wurden. Wie wir heute wissen: ins Sammellager Drancy und später nach Auschwitz. Dort kommen sie um.

Anfang August 1943

Inge kommt bei einem Bauern in der Nähe von Bordeaux unter, da sie inzwischen 18 Jahre alt ist und Gefahr läuft, von den französischen Behörden an die Deutschen ausgeliefert zu werden.

23./24. 9. 1943

Bei einem Luftangriff auf Darmstadt wird das Elternhaus völlig zerstört.

ab 10. Oktober 1943

Ein neuer Fluchtversuch mit Hilfe Schweizer Mitarbeiterinnen des Roten Kreuzes.

17. Oktober 1943

Mit Hilfe französischer und schweizerischer Helfer gelingt ihr die Flucht in die Schweiz über einen Fluchtweg im Risoux, einem Teil des Juras. Die nächsten Wochen verbringt sie zunächst bei den Eltern der Fluchthelferin Margrit Tännler in Hohfluh/Hasliberg in der Schweiz, weiter weg von der Grenze, wo sie sicher ist, nicht ausgeliefert zu werden.

1.12.1943 - 31.12.1944

Aufenthalt in der Gemeinde Gampelen/Schweiz bei der Familie Käch-Engelmann

Anfang 1944

Inge tritt aus Dankbarkeit für ihre evangelischen Helferinnen in die evangelische Kirche ein.

2.1. 1945 - 31.7.1945

Schülerin im Volksbildungsheim Neukirch a.d.Thur/Schweiz

2.8.1945 - 25.4.1946 

“Lehrtochter” in der Krankenpflegeschule der  Kranken- und Diakonissenanstalt Neumünster in Zollikerberg bei Zürich

Mai 1946

Ankunft in den USA. Inge lässt sich in New York, in der Nähe des Vaters nieder.

September 1946 - September 1947

Besuch der Julia Richman Highschool New York; Abschluss

Frühjahr 1947

Umzug nach Chicago

August 1947 - 28.8.1950

Michael Reese Hospital/School of Nursing Chicago

13.11.1950

Staatliche Prüfung als “Registered Nurse bestanden”

Herbst 1950 - Juni 1951

University of Illinois, Chicago: Vorbereitungskurse zur Erlangung des Degrees einer Nurse

Sept.1951 - 31.1.1952

Chicago City Junior College

Febr. 1952 - Juni 1952

Roosevelt University in Chicago

18.6. 1953

Degree für “Bachelor of Science in Nursing”, verliehen von der University of Illinois

25.2. 1955

Heirat mit Frank P. Bleier, Chicago/Illinois; 

545 West Addison Street

1956/57

Sechs Monate Kurs in Geburtshilfe am “Chicago Lying-In Hospital and Dispensary"

1959

Inge schreibt ihre Geschichte auf, aber das Manuskript wird von den Verlagen abgelehnt, weil das Thema mit der Veröffentlichung von Anne Franks Tagebuch erschöpft sei.

11.2.1959



18.12.1959



26.2.1960



23.6. 1960



22.3.1961



27.9.1965




3.11. 1965

Antrag auf Entscheidung wegen Verfolgung beim RP Darmstadt


Bescheid über Schadenersatz in Höhe von 5000 DM (Anlage 70)


Bescheid über Schadenersatz nach §§ 47-50 BEG in Höhe von 2100 DM


Klage gegen den Bescheid vom 18.12.1959 auf Erstattung weiterer 5000 DM


Urteil des Landgerichts Darmstadt: Klage wird abgewiesen


Erneuter Antrag auf Erstattung weiterer 5000 DM auf Grund des neuen BEG-Abschlussgesetzes


Dem Antrag auf weitere 5000 DM Entschädigung wird vom RP Darmstadt am 3.11.1965 stattgegeben. Das Entschädigungsverfahren in der Sache Inge Joseph ist damit nach 6 Jahren abgeschlossen.

1971

Inge veröffentlicht ihr erstes Lehrbuch: “Maternity Nursing”.

1979

Ein zweites Lehrbuch erscheint: “Bedside Maternity Nursing”.



29.Juni 1983

Inge stirbt an einer Überdosis Schmerzmittel

1984

Inges Buch “Bedside... erscheint auf deutsch unter dem Titel: “Schwangerschft, Geburt und Wochenbett. Ein Lehrbuch für Pflegepersonal”

1993

Inges Neffe David Gumpert bekommt von Inges Tochter Judie das Manuskript von Inges Geschichte über ihre Flucht und beginnt mit seinen Recherchen dazu.

2004

Veröffentlichung ihrer Autobiographie: 

Inge Joseph Bleier & David E. Gumpert: Inge - A Girl’s Journey through Nazi  Europe.

William B. Eerdmans Publishing Co.

Grand Rapids, Michigan  / Cambridge UK. 2004.


Quellen:

Akten des Wiedergutmachungsverfahrens; HHStAW, 518, 38548 Eigene Recherchen; siehe https://ingejoseph.blogspot.com

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