#1: Synagoge Steinsfurt
Sonntag, 28.April 2024
Sabine hat von einer Bekannten den Tipp bekommen, in der alten Synagoge Sinsheim-Steinsfurt sei noch bis zum 1. Mai eine Ausstellung zu besichtigen mit dem Titel “Auf den Spuren jüdischer Frauen in Europa”. Die Ausstellung erzählt die Geschichte von jüdischen Frauen aus ganz Europa und ist angebunden an das Projekt "HerStories", das von der EU gefördert wird. Auf der Homepage des Projektes heißt es:
Das Projekt HerStories vermittelt die facettenreiche jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts in Europa anhand der Biografien von sieben jüdischen Frauen aus Deutschland, Polen, Griechenland, Spanien, Ungarn, der Slowakei und der Tschechischen Republik. Das Projekt wird zu einem besseren Verständnis der europäischen Geschichte beitragen, indem es die Stimmen dieser Frauen hörbar macht und ihre Subjektivität analysiert. https://www.her-stories.eu/de
Sinsheim-Steinsfurt ist keine 20 Kilometer von Aglasterhausen entfernt. Deshalb haben wir uns kurz vor Toresschluss am Sonntag auf eine kleine Tour auf den Spuren der jüdischen Gemeinden im Kraichgau gemacht. Und wir wollen die Gelegenheit nutzen, zwei weitere historische Stätten zu besuchen, das jüdische Mausoleum in Waibstadt und die Überreste der jüdischen Synagoge in Neidenstein.
Von Mini-floh - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=84308125
Die größte Überraschung glich bei der Ankunft. Wir sehen ein recht gut erhaltenes kleines Gebäude im Stil der Gründerzeit, also gegen Ende des 19. Jahrhunderts erbaut. Auch das Innere ist noch architektonisch recht gut erhalten mit den typischen gerollten Bordüren an der Wand und an der Decke. Selbst ein altertümlicher Elektroanschlus neben der Eingangstür ist erhalten geblieben.
Offensichtlich ist das Gebäude weitgehend im ursprünglichen Zustand “konserviert” worden und, wie uns die Aufseherin erklärt, war das auch eine Auflage des Denkmalsamtes, das Gebäude nicht zu “renovieren”.
Wie aber ist das erklären? Wurden nicht im November 1938 in ganz Deutschland Synagogen angesteckt und zerstört? Wieso hat gerade dieses Gebäude in Steinsfurt die Pogromnacht unbeschadet überstanden?
Der Grund ist so einfach wie kurios: Das Gebäude wurde schon vorher als Synagoge aufgegeben, an einen Ortsbauern verkauft und diente danach als Lagerraum für seine landwirtschaftlichen Produkte. Niemand im Ort hatte Interesse daran, einen nützlichen Vorratsraum zu zerstören. Man hatte in Deutschland 1938 Juden schikaniert und Synagogen zerstört, aber keine Lagerhäuser. Und so hat die einstige Synagoge die Zeiten überdauert.
Zur Ausstellung
“Auf den Spuren jüdischer Frauen in Europa” erzählt auf 15 großen Schautafeln die Geschichte von sieben Frauen aus den verschiedensten Teilen Europas (s.o.). Was sie alle eint: Sie wurden nicht nur verfolgt, sondern sie überlebten auch und konnten darüber berichten. So ist die Ausstellung vor allem, aber nicht nur, für Schüler und Schülerinnen eine authentische Informationsquelle zur Geschichte des Antisemitismus im 20. Jahrhundert.
(Die Tafeln sind online zugänglich: https://www.her-stories.eu/de/herstories-ausstellung)
Während der Besichtigung kamen wir auch ins Gespräch mit der Aufseherin der Ausstellung (siehe Eingangsbemerkung zur Geschichte des Gebäudes), die zusammen mit ihrem Mann im Verein "Alte Synagoge e.V. - Mahnmal des Friedens" aktiv ist, der sich rührig um die Erhaltung des ehemaligen Synagogengebäudes und die Einbettung in die Lokalgeschichte kümmert.
Mehr zur Synagoge vom Verein Alte Synagoge Steinsfurt e.V.
https://www.synagoge-steinsfurt.org/de/
https://www.synagoge-steinsfurt.org/en/?view=article&id=212:welcome&catid=28
2019 erhielt der Verein für seine Verdienste um den Erhalt der Synagoge den "Bürgerpreis der Denkmalstiftung Baden-Württemberg". Auf der Website der Denkmalstiftung kann ein virtueller Rundgang um und in der Synagoge gestartet werden: Klick
Beeindruckt sind wir zu unserem nächsten Ziel aufgebrochen:
Zeitgeschichte an einem Sommertag #2:
Foto: http://www.juedisches-kulturerbe-kraichgau.de/wp-content/uploads/2016/10/DSCN6723.jpg
https://www.juedisches-kulturerbe-kraichgau.de/geschichte-des-bauwerks/
https://www.juedisches-kulturerbe-kraichgau.de/en/building-history/
(Siehe dazu: Inge Joseph - Auf den Spuren eines jüdischen Mädchens aus Darmstadt; besonders hier: Klick)
Ich weiß allerdings nicht, welche verwandtschaftlichen Beziehungen zu Gustav bestanden. Ich weiß aber, dass es in dieser Gegend viele Würzweiler gab und Gustav auch Grundstücke hier besaß.
Mehr zum Jüdischen Friedhof Waibstadt:
https://www.juedisches-kulturerbe-kraichgau.de/waibstadt-juedischer-friedhof/
https://www.juedisches-kulturerbe-kraichgau.de/en/waibstadt-jewish-cemetery/
Zeitgeschichte an einem Sommertag #3:
Von p.schmelzle - Eigenes Werk, CC BY-SA 2.5,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1963642
Original: Wikipedia https://commons.wikimedia.org/wiki/user:Nicor
Quelle: https://www.juedisches-kulturerbe-kraichgau.de/stolpersteine-in-neidenstein/
Seit 2020 kümmert sich ein ortsansässiger Verein, die Fördergemeinschaft Ehemalige Synagoge Neidenstein e.V. engagiert um die Rekonstruktion der Geschichte der jüdischen Gemeinde Neidenstein und auch um die alte Synagoge.
https://www.juedisches-kulturerbe-kraichgau.de/en/neidenstein-former-synagogue/
https://www.juedisches-kulturerbe-kraichgau.de/neidenstein-ehemalige-synagoge/
Wikipedia:https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCdische_Gemeinde_Neidenstein
Das Vergangene ist nicht tot. Es ist nicht einmal vergangen.
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